Darmstädter
Echo, 30. Juni 2016
Mit der Hasselblad nach Horndal - Der Darmstädter
Fotograf Christoph Rau sucht in Schweden ein 20 Jahre altes Reisegefühl,
Autor: Johannes Breckner
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Mit der Hasselblad nach Horndal
Von Johannes Breckner
BUCHPROJEKT Der Darmstädter Fotograf Christoph Rau sucht
in Schweden ein 20 Jahre altes Reisegefühl
DARMSTADT - Das Ding ist ziemlich schwer. Aber die wuchtige Form
verlangt ohnehin zwei Hände, und wenn man durch den Sucher
schaut, muss man sich von oben übers Gehäuse beugen.
Die alte Hasselblad-Kamera ist, je nach Sichtweise, ein Klassiker
oder ein Oldtimer. Für den Darmstädter Fotografen Christoph
Rau aber hat sie eine weitere, ideelle Bedeutung: Sie stammt aus
dem Nachlass der 2013 verstorbenen Kollegin Renate Gruber, einer
Meisterin in den Fächern Porträt, Reportage, Architekturfotografie.
Entschleunigung auf der Reise
So wird auch die Erinnerung an die Ratgeberin und Freundin den
Fotografen auf einer Reise begleiten, die sich der Beschleunigung
der Zeit entgegenstemmt. Ein Volvo-Oldtimer, Baujahr 1992, soll
Rau und seinen neunzehnjährigen Sohn Eisel nach Schweden
bringen, Landkarten weisen den Weg und nicht das Navi, die Musik
kommt von den alten Kassetten, und fotografiert wird analog und
schwarzweiß.
So ähnlich könnte es sich vor zwanzig Jahren angefühlt
haben. Damals führte die Kindstaufe von Freunden den Fotografen
ins schwedische Horndal. Für die Reise nahm Rau sich Zeit,
und in den schwedischen Sommerwochen entstand eine umfangreiche
Bilderserie. Jetzt begibt er sich auf die selbe Route. Aber Zeitdifferenz
und Veränderung in Gegenüberstellungen der gleichen
Motive zu dokumentieren, wäre ihm zu vordergründig.
Es geht um eine Neuentdeckung des Gefühls von damals; ich
will mich wieder ins analoge Fotografieren hineinfühlen,
sagt Rau, der heute wie die allermeisten Kollegen in der Regel
digital arbeitet. Das Buch soll durch Bilder sprechen, Gerd Ohlhauser,
mit dem Rau die Reihe der kompakten Darmstadt-Bücher entwickelt
hat, wird ein Vorwort schreiben, sonst soll nur wenig Text in
dem Band stehen.
Dass Rau über eine Crowdfunding-Plattform im Internet Geld
für das Buchprojekt sammelt, hat ihm auch Verwunderung eingetragen.
Ich kann doch nicht Dein Essen bezahlen, sagte eine
Freundin irritiert. Aber bei dieser Form der Finanzierung geht
es ja nicht um Spenden. Es ist eher eine Art des Vorverkaufs.
Das machte Mozart ja schon so mit seinen Subskriptionskonzerten,
sagt Rau. In Deutschland verbreitet sich diese Form vorausblickender
Kunstförderung erst allmählich. Aber die Werbung dafür
hat Rau einige Unterstützer beschert, mit denen er gar nicht
gerechnet hatte. Das Volvo-Haus am Ort stellt ihm den alten 245er,
Ikea Deutschland hat Bilder und Beiträge für einen Blog
geordert.
Station bei Freunden
Dafür macht Rau auch im neuen Museum des Unternehmens Station,
das in diesen Tagen in Älmhult eröffnet wird. Am Wegesrand
werden Freunde besucht, in Kiel geht es zum Schriftsteller Feridun
Zaimoglu, den Rau vor Jahren porträtiert hatte, und weil
dort sein Übersetzer Jürgen Strasser lebt, teilt auch
der in Darmstadt lebende Kameruner Autor Enoh Meyomesse ein Stück
des Weges.
Die letzte Station auf der Rückreise wird Marburg sein. Für
Rau könnte es einer der bewegendsten Augenblicke der Reise
werden. Das Bildarchiv Foto Marburg, kunsthistorisches Dokumentationszentrum
der Philipps-Universität, hütet den Nachlass von Renate
Gruber. Und viele der Bilder, die Rau dort anschauen wird, sind
durch das Objektiv jener Hasselblad aufgenommen, die ihn auf der
Reise begleitet hat.
#schwedenrevisited