Darmstädter
Echo, 24. Juli 2019
Das
Foto der Fassade in der Grafenstrasse ist im Jahr 2018 entstanden.

Hier
der komplette Text noch einmal für die Google-Suche:
Ach,
das ist in Darmstadt?
Darmstädter
Echo, 24. Juli 2019
ECHO-Serie: Darmstadt ist im Bilde. Der Fotograf Christoph Rau
hält fest, was viele Menschen übersehen - oder wegwerfen
wollen.
Thomas Wolff: Lokalredakteur Darmstadt
Von Thomas Wolff, Foto: Andreas Kelm
Christoph
Rau, Jahrgang 1957, arbeitet als Fotograf vor allem in den Bereichen
Event, Reportage, Dokumentation. Außerdem firmiert er als
Location Scout für Filmproduktionen. Viele seiner Darmstadtfotos
sind in den Bänden der "Edition Darmstadt" publiziert.
Zuletzt erschien 2019 der Band "Sezessionsmuseum Darmstadt"
über die Werke der Künstlervereinigung in der Stadt.
Infos auf www.christoph-rau.de.. Foto: Andreas Kelm
DARMSTADT - Der bildschönste Platz in Darmstadt? Nein, nicht
der Hochzeitsturm, eher ein bisschen abgelegen, sagt Fotograf
Christoph Rau. Neulich war er aber mal wieder da, hat seine Kamera
gepackt, ist nach Kranichstein raus, zu den alten Lokschuppen
des Eisenbahnmuseums. "Ein Wahnsinn, diese Riesenmaschinen!"
Sowas zu bauen und mit Dampf in Bewegung zu versetzen. Die stählernen
Räder, Kolben, Bolzen hat Rau in hunderten Bildern festgehalten.
Der Rost, die blätternde Farbe, "einfach wunderschön".
Fast hätten die Eisenbahner, denen er seine Reportagefotos
zeigte, die guten Stücke gar nicht wiedererkannt. Das sind
so die Momente, für die Lichtbildner Rau lebt. Sein Credo:
"Ich will Sachen zeigen, wo die Leute sagen: Ach - das ist
in Darmstadt? Ja, wo denn?"
Eiserne Pracht auf über 300 Seiten
In dem dicken Fotobuch "Eisenbahnmuseum Kranichstein"
hat Rau die eiserne Pracht auf mehr als 300 Seiten festgehalten,
das war 2011. Es wurden ein paar mehr Bücher draus, jedes
eine Entdeckungsreise. Die "Edition Darmstadt", die
Rau mit seinem Kompagnon Gerd Ohlhauser auf die Schiene gesetzt
hat, zeigt verlassene Schießstände der US-Army, Korridore
in Flüchtlingsheimen, verträumte Winkel im Prinz-Georg-Garten,
fotografiert aus dem Fenster einer vergessenen Dachkammer.
Fotos
Rumstöbern, staunen, festhalten: Das sind Motive, die Rau,
1957 in Frankfurt geboren, sein Fotografenleben lang begleiten.
Das war schon so, als er in Vaters Fotolabor mit elf Jahren Filme
entwickelte, mit Anfang 20 selbst erste Reportagen unternahm.
Und es blieb so, als er vor mehr als 30 Jahren nach Darmstadt
kam. Eine Weile legte er da die Kamera beiseite. Zog mit ein,
zwei Kumpels und seinem Hanomag durch Stadt und Umland, Dachböden
entrümpeln. Das gab einigermaßen gutes Geld. Ein Schwarz-Weiß-Foto
aus der Zeit zeigt die Dreierbande nach einem Beutezug, Sessel,
Teppiche, Geraffel aller Art hatten sie gesammelt, dann im Hof
eines Antikmarkts an der Landwehrstraße ausgeladen, sich
selbst in Pose gesetzt zwischen ihren Fundsachen.
DIE SERIE
Wie sehen die vielen Fotografen, die in Darmstadt leben und arbeiten,
ihre eigene Stadt? Was hält sie hier, was treibt sie an?
Welche Perspektiven auf die Stadt haben sie? Das wollen wir in
unserer Serie "Darmstadt ist im Bilde" erzählen,
in Porträts über Darmstadts Foto-Profis und in starken
Bildern, die sie von ihrer Stadt gemacht haben. (red)
Christoph Rau, den heute auch mit kurzgeschorenem Graukopf noch
ein jungenhafter Charme umweht, lächelt wie selig, als er
beim Besuch im Atelier einen Abzug des Bildes hervorholt. "Der
Dachboden und der Keller sind wie das Unbewusste, da sammeln die
Menschen alles, was sie eigentlich nicht wegschmeißen wollen,
was sie im Hinterstübchen doch behalten wollen." Rau
ist der Mann, der das aufliest, bewahrt, verewigt, in Bildern
und in echt.
Sammelleidenschaft ins Bild gesetzt
Sammlungen aller Art hat er über die Jahre angelegt. Bücher
über Psychologie, Selbstporträts, alles über Tischtennis,
"ein toller Sport". In Setzkästen sortiert er Knochen,
Rinden, Federn, Pinsel, vergilbte Spielwürfel, Päckchen
mit Knallern der Marke "Knallteufel". Dann fotografiert
er das Ganze. Auch das ist bildschön. Am liebsten sammelt
Rau freilich weiter starke Momente und Ansichten, dokumentiert
sie für die Ewigkeit.
Feiern, Veranstaltungen, Projekte namhafter Kunden ins Bild zu
setzen, das ist heute sein häufigstes Geschäft. Für
den Galeristen Netuschil und das Darmstädter Kunstarchiv
dokumentiert er deren Ausstellungen. Nebenher lehrt er Hochschüler
das Fotografieren in digitalen Zeiten. Das Rumstromern, Stöbern,
Staunen treibt ihn aber weiter an. Die "Edition Darmstadt"
ist auf 18 Bände angewachsen, Heinerfest, Hochschule, Kasernen,
alles dokumentiert. Jetzt weitet Rau den Blick, entdeckt das Hessenland,
drei dicke Fotobücher der "Edition Hessen sind schon
angeschoben: "Was für ein tolles Land, traumhaft!"